Landsberg
im 20. Jahrhundert
Bürgervereinigung zur Erforschung der Landsberger Zeitgeschichte

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Kriegsverbrecher-Gefängnis Landsberg

Der Oberbefehlshaber der Amerikanischen Streitkräfte erhob 1946 das Landsberger Gefängnis zum War Criminal Prison Nr. 1. Das WCPL durchliefen 110 Verurteilte aus den Nürnberger Nachfolgeprozessen, 1416 Kriegsverbrecher aus dem Dachauer Prozess und 18 des Schanghai-Prozess.

Schon im Dezember 1945 kamen die ersten verurteilten Kriegsverbrecher aus dem "Dachauer Lagerprozess", die wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zum Tode verurteilt wurden, nach Landsberg.

Bis ins Jahr 1951 wurden im WCP Landsberg 284 Todesurteile vollstreckt. Sofern die Hingerichteten nicht von ihren Angehörigen überführt wurden, ruhen sie auf den Kriegsverbrecher-Friedhof (bei der Spöttinger Kapelle). Der Friedhof wurde 1988 unter Denkmalschutz gestellt. Der Unterhalt erfolgt auf Staatskosten. Insofern handelt es sich um Ehrengräber. Einen Hinweis auf die historischen Begebenheiten findet der Besucher nicht.

Im Mai 1958 wurde die letzten vier Häftlingen, hochrangige SS-Mitglieder, die im Einsatzgruppen-Prozess verurteilt worden waren, entlassen und das WCPL aufgehoben.

Eine Geschichte des Helfens

Eine zentrale Rolle nimmt der damalige katholische Gefängnisgeistliche (Amtszeit 1932-1957) Karl Morgenschweis ein. "Für seine Verdienste als Seelsorger" erhielt er 1951 als einer der ersten den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Es folgten 1952 die "Bayerische Verdienstmedaille" und 1960 der "Goldene Ehrenring der Stadt Landsberg".

Schon 1948 übernahm auch der Verein für Gefangenenfürsorge beim Bayerischen Justzizministerium die Landsberger Kriegsverbrecher in seine Betreuung.
Viele gesellschaftlichen Kräfte - Politik, Kirche, Wirtschaft und Künstler der neugegründeten Bundesrepublik - erhoben für die Insassen des WCPL ihre Stimme. Bis Mitte der fünfziger Jahre wurden die Häftlinge als Kriegsgefangene gesehen. Der Landsberger Stadtrat beauftragt seinen Oberbürgermeister 1955 sich "für die endliche Freilassung aller politischen Gefangenen" einzusetzen.
Die Bayerische Staatsregierung beschloß 1951, "daß die Insassen der Militärgefängnisse Landsberg, Werl, und Wittlich als Kriegsgefangene anzuerkennen sind, und dass sowohl das Bundesversorgungsgesetz ... auch in Bayern angewendet wird."
Das Versorgungsamt, dem die Gewährung von Leistungen oblag, hatte falls es eine Prüfung vornahm, das besatzungsrechtliche Urteil zu überprüfen.
Ausländische Strafen von Kriegsverbrechern, und als solche wurden die Urteilssprüche von Nürnberg und Dachau eingestuft, wurden nicht in das Strafregister eingetragen.

[nach Schätzungen des Freiburger Militärhistorikers Gerhard Schreiber haben 50000 Kriegsverbrecher Zusatzrenten erhalten

 

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Einige der hingerichteten Kriegsverbrecher wurden auf dem „Spöttinger Friedhof“ (Gefängnisfriedhof) begraben, andere wurden in die Heimatorte überführt. Durch die Veröffentlichung der Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert und des kritischen Heimatforschers Anton Posset zu den Kriegsverbrechern im Themenheft 1 „Von Hitlers Festungshaft zum Kriegsverbrecher-Gefängnis N° 1: Die Landsberger Haftanstalt im Spiegel der Geschichte“ rückte auch der Friedhof des Gefängnis, auf dem u. a. die im Gefängnis gehängten Kriegsverbrecher sowie jüdische Opfer des NS-Regime begraben wurden, wieder ins Gedächtnis. Über viele Jahre hinweg wurde er als Pilgerstätte von Rechtsextremen genutzt. Die Bürgervereinigung löste in zahllosen Zeitungsartikeln und Leserbriefen eine Diskussion rund um den Umgang mit dieser „Pilgerstätte“ aus, die 50 Jahre später auch hätte aufgelöst werden können, stattdessen wurden die Gräber noch staatlich weiter gepflegt. 2002 erstellte Lutz Hachmeister einen Dokumentarfilm rund um dieses emotional viel diskutierte Thema und die historische Bedeutung des Gefängnisses. 2003 wurde der Friedhof durch den Freistaat Bayern entwidmet und die Namensschilder unter starken Protesten von den Gräbern entfernt.

 

 

 

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