Landsberg
im 20. Jahrhundert
Bürgervereinigung zur Erforschung der Landsberger Zeitgeschichte

Gedenkstätte | Historische Tatsachen | Umgang mit der Geschichte | Bürgervereinigung | Publikationen | Aktuelles | Kontakt/Impressum | Links


Aufforderung zur Herausnahme eines Stadtratsbeschlusses vom 26.11.1997

Die Stadt Landsberg untersagte der Bürgervereinigung unter Androhung von gerichtlichen Schritten hier einen Stadtratsbeschluss aus der Stadtratssitzung vom 26.11.1997 wiederzugeben. Sollte sich "die Zitierung von Sitzungsprotokollen in den Internetseiten der Bürgervereinigung wiederholen", sieht sich die Stadt Landsberg "gezwungen gerichtliche Maßnahmen zu ergreifen."

Unsere Anmerkungen

Hier stand der Beschluss.


Gegenstand des Beschlusses ist die Bürgervereinigung. Der Beschluss enthält ausschließlich die Personennamen von Vorstandsmitgliedern der Bürgervereinigung. Die Sitzung war öffentlich. Das Landsberger Tagblatt berichtete am 29. November 1997 ausführlich über den Beschluss.
Der Beschluss wurde der Bürgervereinigung im Dezember 1997 von der Stadt Landsberg zugestellt. Grundlage der Veröffentlichung im Internet war der zugestellte Beschluss. Die Bürgervereinigung ist Herausgeber der Themenhefte "Landsberg im 20. Jahrhundert".

Aufgrund des Beschlusses sieht sich die Stadt Landsberg bis heute nicht in der Lage, ein Gespräch mit der Bürgervereinigung zu führen. Der Beschluss besitzt weiterhin Gültigkeit.

Die Stadt Landsberg redet nicht mit uns - und uns drängt sich der Eindruck auf, dass wir bei Androhung von gerichtlichen Maßnahmen nicht darüber reden dürfen.
Die Oberrechtsrätin der Stadt Landsberg schrieb: "... die Zitierung von Sitzungsprotokollen in den Internetseiten der Bürgervereinigung wiederholen, sehen wir uns gezwungen gerichtliche Maßnahmen zu ergreifen."

Wir stellen fest, dass wir kein ganzes Sitzungsprotokoll der Stadt Landsberg veröffentlicht hatten. Es handelte sich um den 14. Beschluss einer Sitzung, die damit noch lange nicht beendet war.
Wir befürchten, dass uns die Stadt Landsberg jegliches Zitieren eines Stadtratbeschlusses, selbst wenn er uns betrifft, verbieten möchte.

Der Zeitungsbericht vom 29. November 1997 führte aus, dass auf Antrag der SPD ein einstimmiger Beschluss gefasst wurde. Dem Redakteur fiel auf, dass plötzlich alle Räte klatschten oder mit den Fingern auf die Tische klopften.
Der damalige Antrag wird im Landsberger Tagblatt vom 11. Juli 2001 wie folgt wiedergegeben: "Die Verhandlungen mit der Bürgervereinigung werden erst dann fortgeführt, wenn die ungeheuren Vorwürfe der Vorstandsmitglieder Posset, Deiler und Strassas gegen den OB, den Stadtrat und die Landsberger Bevölkerung zurückgenommen werden."

Wir empfinden die Aufforderung zur Herausnahme durch die Stadt Landsberg als Angriff auf die Redefreiheit. Wie soll der Bürger noch über Politik reden können, wenn er einen Stadtratsbeschluss nicht zitieren darf?

Wir kommen der Aufforderung zur Herausnahme nach, da wir die Verhandlungen um eine gemeinsame Trägerschaft der "Europäischen Holocaust-Gedenkstätte Kaufering VII" mit dem Freistaat Bayern nicht belasten wollen.


Das Landsberger Tagblatt berichtete am 29. November 1997 von der Stadtratssitzung:

Stadträte klatschen und klopfen

Bürgervereinigung soll Vorwürfe zurücknehmen

Von unserem Redationsmitglied
Ernst Hofmann

Landsberg

Nach der Schändung der KZ-Gedenkstätte hatte die Bürgervereinigung "Landsberg im 20. Jahrhundert" vor kurzem den Oberbürgermeister und Teile des Stadtrates heftig angegriffen. Und nur einige Tage später ein Konsenspapier angeboten. Der Stadtrat gab jetzt die Antwort darauf: Einstimmig besteht das Plenum auf einer Rücknahme dieser Vorwürfe.

In diesem Fall wäre die Stadt bereit, wieder in Gespräche mit der "Bürgervereinigung" einzutreten, um die "verfahrene Situation" zu entspannen. Der Stadtrat folgte damit einem Antrag der SPD. Besonderheit nach der Abstimmung: Plötzlich klatschten alle Räte oder klopften mit den Fingern auf die Tische. Hörbares Zeichen dafür, "daß man sich von der Bürgervereinigung nicht länger an der Nase herumführen lassen will", wie das Reinhard Steuer (CSU) formulierte.

Ein-Mann-Show?

Denn die Aufarbeitung der Landsberger Geschichte sei keine Ein-Mann-Show, kritisierte er und meinte damit Anton Posset,


den Vorsitzenden dieser Vereinigung.

Maß überschritten

"Das zumutbare Maß ist bei weitem überschritten worden", erklärte 3. Bürgermeisterin Ruth Sobotta. Axel Flörke (UBV) spach von einer "Ohrfeige" für Oberbürgermeister und Stadträte, Reinhard Skobrinsky (BAL) von einer "Unverschämtheit". 2. Bürgermeister Norbert Kreuzer monierte hingegen, daß der Führungsmannschaft der "Bürgervereinigung" beim Abdruck von Leserbriefen zuviel Raum eingeräumt werde. Er bat deswegen um eine "gewisse Selbstbeschränkung der Presse", damit schon im Vorfeld von Auseinandersetzungen viel Dampf herausgenommen werden könne. Ursula Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) war da ganz anderer Meinung: "Gott sei dank, daß wir die Pressefreiheit haben", freute sie sich.

Rößle dankt für Schutz

Noch mehr freute sich jedoch Oberbürgermeister Franz Xaver Rößle. Darüber, daß ihn das Gremium mit einem einstimmigen Beschluß gegenüber den Vorwürfen der "Bürgervereinigung" in Schutz genommen hatte. Dafür bedankte sich der Rathauschef extra bei allen Parteien und Gruppierungen.

Die politsche Landschaft zeigt sich geschlossen. Ein Bild, das Sie sich zweimal anschauen sollten.

Was in aller Welt war geschehen?


Holocaust-Gedenkstätte in Oberbayern geschändet

Die Berliner Zeitung berichtete am 10.11.1997 unter obiger Überschrift:

Fünf Steine mit Farbe besprüht - Rechtsextremer Hintergrund umstritten

Landsberg (AP) Die Europäische Holocaust-Gedenkstätte in Landsberg am Lech ist geschändet worden. Wie die "Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert" am Montag mitteilte, wurden in der Nacht zum Sonntag fünf von insgesamt sieben Gedenksteinen auf dem Gelände einer ehemaligen Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau von vermutlich rechtsextremen Tätern mit Farbe besprüht. Die Polizei erstattete Anzeige gegen Unbekannt. Die Gedenksteine waren von den Staatsoberhäuptern Polens, Ungarns, Litauens, Rußlands, Österreichs, Frankreichs und der Niederlande zur Erinnerung an rund 14.500 ermordete KZ-Häftlinge errichtet worden.
Über den Vorfall machten die Polizei und die Bürgervereinigung, die das Mahnmal angeregt hat und pflegt, unterschiedliche Angaben. Bei den Schmierereien handelt es sich nach Auskunft eines Polizeisprechers in rechtlicher Sicht lediglich um eine Sachbeschädigung. Von einer Schändung könne nicht gesprochen werden, da sich ein Teil der Sprühereien eindeutig gegen den Vorsitzenden der Vereinigung richteten und nicht gegen KZ-Opfer. Zudem seien die Steine nicht, wie von dem Verein behauptet, mit gelber Farbe besprüht worden, was einen Zusammenhang mit der Farbe des Judensterns nahelege, sondern mit oranger Farbe.

Auf die Farbe kommt es an! Tatbestände werden über Farbnuancen bestimmt.
Bei der Würdigung des Falles verdienen alle Kausalitäten Beachtung. Nur eine bestehende Gedenkstätte kann letztendlich geschändet werden. Was dies bedeutet, liegt doch auf der Hand.

Nicht die Logik des Ermittelns enthusiasmierte die Stadträte, sondern ein Stab, den sie gemeinsam über einen Satz brechen konnten.

Der Stein des Anstoßes

Am 9.11.1997 schrieb die Bürgervereinigung an den damaligen Oberbürgermeister Rößle und die Damen und Herren des Landsberger Stadtrats:

Sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in der Nacht auf den 9. November 1997, dem 59. Gedenktag an die Reichspogromnacht, wurden auf der Europäischen Holocaustgedenkstätte Kaufering VII auf die von Staatspräsidenten aus aller Welt gestifteten Gedenksteine Anschläge mit eindeutig rechtsextremistischem Hintergrund verübt.
Die "Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert" verurteilt diesen Anschlag auf das Schärfste und wird die entsprechenden Staatspräsidenten von dieser Schändung unterrichten. Im Angesicht der 14 500 Ermordeten jüdischen KZ-Häftlinge von Landsberg stellen wir uns heute die Frage, wann sich die Stadt Landsberg endlich der Verantwortung vor der eigenen Geschichte stellen wird.

Dazu halten wir folgendes fest:
Oberbürgermeister Franz Xaver Rößle und Teile des Landsberger Stadtrats tragen an dieser Schändung eine moralische Mitverantwortung. Trotz mehrmaliger Anschläge in den letzten Jahren, wurde von ihnen bis heute eine sichernde Umzäunung der Europäischen Holocaustgedenkstätte verhindert.
Oberbürgermeister Franz Xaver Rößle trägt in hohem Maße eine moralische Mitverantwortung für ein Klima in dieser Stadt, daß Anschläge dieser Art geradezu herausfordern muß.
Im ständige Bestreben, die Stadt Landsberg als "Ort wie jeden anderen" schönreden zu wollen, von der irrigen Meinung getragen die Geschichte "den Bürgern erträglich machen " zu müssen, hat Rößle bisher nichts unversucht gelassen einen weiteren Ausbau des Europäischen Holocaustdenkmals zu verhindern. Bürger, die sich nicht dem "offiziellen Geschichtsbild" der Stadt unterordneten, wurden diffamiert und ausgegrenzt. Mit unwahren Behauptungen, Verdrehungen und Intrigen wird gleichzeitig versucht die bestehende Europäische Holocaustgedenkstätte in die Hände der Stadt Landsberg zu bekommen.
Dies ist der Nährboden für Rechtsradikalismus und Rechsextremismus. Während Gedenksteine europäischer Staatsmänner zum Gedenken an 14 500 ermordete jüdische KZ-Häftlinge in Landsberg geschändet werden, wurden die Gräber der Täter und Kriegsverbrecher auf dem Kriegsverbrecher-Friedhof in Landsberg für viel Geld neugestaltet und instandgesetzt. Die neue "Kultstätte" für Alt- und Neo-Nazis ist bereits fertiggestellt!

Oberbürgermeister Franz Xaver Rößle und Teile des Landsberger Stadtrats haben versagt. Die Bürgervereinigung hat sich aus diesem Grunde an den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber gewandt. Vielleicht kann mit ihm zusammen ein Klima geschaffen werden, das Anschlägen dieser Art für die Zukunft endgültig den Nährboden entzieht. Landsberg wäre dies dem Andenken an die 14 500 Ermordeten längst schuldig!

Oberbürgermeister Lehmann, der Nachfolger im Amt, fühlt sich an den Stadtratsbeschluß gebunden.